Kann Vitamin E bei Diabetes mellitus hilfreich sein?
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Das fettlösliche Vitamin E ist in sämtlichen Membranen der Körperzellen präsent, um vor allem die dort befindlichen ungesättigten Fettsäuren und andere Substanzen mit einer wichtigen biologischen Funktion vor Oxidation zu schützen. Zusätzlich verfügt das Vitamin über entzündungs- und gerinnungshemmende Eigenschaften. Es stellt sich die Frage, ob die primären Eigenschaften von Vitamin E auch bei Diabetes mellitus hilfreich sind. Zusätzlich stellt sich die Frage, ob das Vitamin in seiner Funktion als wichtiges Antioxidans auch die Insulintoleranz beeinflussen kann. Die gesteigerte Insulintoleranz ist letztlich der Hauptauslöser für die Erkrankung an Diabetes mellitus Typ 2.
Wie reagiert der Stoffwechsel auf Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2?
Das Hauptsymptom bei Diabetes – auch Zuckerkrankheit genannt – ist eine krankhaft erhöhte Blutzuckerkonzentration. Bei ansteigendem Glucosespiegel im Blut reagieren die Betazellen in der Bauchspeicheldrüse normalerweise mit einer erhöhten Insulinproduktion. Das Insulin dockt an Zellen an, die Energie in Form von Glucose benötigen. Durch die Wirkung des Insulins können die Glucosemoleküle aus dem Blut in die Zellen eindringen und dort energetisch genutzt oder gespeichert werden, so dass der Blutzuckerspiegel wieder auf Normalniveau sinkt. Im Falle von Diabetes Typ 1 oder Typ 2 ist dieser Mechanismus gestört. Bei dem sehr viel selteneren Diabetes Typ 1 handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, die zu einer allmählichen Zerstörung der Insulin produzierenden Betazellen führt. Es entsteht dadurch ein echter Insulinmangel, der ausgeglichen werden muss.
Bei dem wesentlich häufigeren Diabetes Typ 2 sind die Betazellen funktionstüchtig und produzieren Insulin in einer Menge, die normalerweise ausreichend ist. Allerdings sind die Andockmöglichkeiten für das Insulin gestört, so dass sich eine gewisse Insulinresistenz einstellt. Die betroffenen energiehungrigen Zellen können kaum noch Glucose aus dem Blut aufnehmen, obwohl Insulin in ausreichendem Maß vorhanden ist. Es entsteht eine dauerhafte Überzuckerung. Der Körper versucht, die überschüssige Glucose in einer Art Notfallprogramm über die Nieren auszuscheiden, so dass der Urin mit Glucose angereichert wird und eine süßliche „Honignote“ bekommt.
Wirkung von Vitamin E bei Diabetes
Der permanent erhöhte Blutzuckerspiegel bei Diabetes-Patienten wirkt sich zunächst auf das Hämoglobin der roten Blutkörperchen aus. Der Anteil mit angelagerten Glucosemolekülen steigt an, was sich im sogenannten HbA 1c-Wert zeigt. Ein überhöhtes HbA 1c steigert das Risiko für Folgeerkrankungen wie Schäden an Blutgefäßen, Nieren, Augen und Nerven. Die Folgeerkrankungen werden von erhöhtem oxidativen Stress durch freie Radikale begleitet und von einem gesteigerten Verbrauch an Vitamin E (Tocopherol). Die Vitamin-E-Konzentration ist deshalb bei Diabetes-Patienten in der Regel zu niedrig.
Die stark antioxidative Wirkung des supplementär verabreichten Tocopherols sorgt in den Zellmembranen für ein verzögertes Eintreten von Sekundärerkrankungen und für eine Abmilderung der Symptome. Zudem wirken sich die gerinnungshemmenden Eigenschaften von Vitamin E positiv aus. Es entsteht eine vorbeugende Wirkung gegen Herzinfarkt und Schlaganfall, weil die Ausbildung von Blutgerinnseln (Thromben) als Auslöser gehemmt wird. In einer Untersuchung aus dem Jahr 2012, die von einem gemischten Forscherteam aus Indien und Malaysia an Diabetes-Patienten durchgeführt wurden, zeigte sich, dass die Probanden durch eine Vitamin-E-Supplementierung profitierten. Unter anderem sank ihr diastolischer Blutdruck, also der niedrigere der beiden gemessenen Werte, signifikant gegenüber der Vergleichsgruppe.
Zeigt Vitamin E eine vorbeugende Wirkung gegen Diabetes mellitus Typ 2?
Die Erkenntnisse darüber, dass zusätzliches Tocopherol bei Diabetes hilfreich ist, sind wissenschaftlich abgesichert. Ob supplementär eingenommenes Tocopherol auch vorbeugend gegen Diabetes mellitus Typ 2 wirksam ist, ist momentan noch umstritten. Bisherige Studien konnten eine vorbeugende Wirkung des Tocopherols nicht belegen. Allerdings wird in den meisten Forschungsprojekten synthetisch hergestelltes Tocopherol verwendet, das ausschließlich aus alpha-Tocopherolen besteht. Bei der Verwendung von natürlichem Vitamin E könnten die Ergebnisse möglicherweise anders ausfallen, weil natürliches Tocopherol auch alle anderen wirksamen Isomere enthält sowie meist auch Tocotrienole und andere Substanzen mit einem breiteren Wirkspektrum. In einer von 1992 bis 2004 andauernden Untersuchung an zunächst gesunden 38.716 US-amerikanischer Frauen brachte auch eine zwischenzeitlich durchgeführte Erhöhung der Tagesdosis von 400 I. E. auf 600 I. E. täglich keine neuen Erkenntnisse.
Die wichtigste Therapie bei Diabetes besteht darin, den Blutzuckerspiegel strikt innerhalb eines bestimmten Korridors zu halten, da ansonsten Sekundärschäden nahezu unausweichlich sind. Es ist denkbar, dass die Einhaltung der optimalen Glucosekonzentration im Blut und eine zusätzliche Einnahme von Vitamin E aus natürlicher Quelle den bestmöglichen vorbeugenden Schutz bieten. Mehrere Studien belegen, dass zusätzliches Vitamin E keinen direkten Einfluss auf die bei Diabetes Typ 2 vorherrschende Insulinresistenz hat.
Das lässt darauf schließen, dass Vitamin E zwar enorm wichtig für Diabetes-Patienten ist, dass das Vitamin aber keinen direkten Einfluss auf die Verbesserung oder Behebung von Diabetes Typ 2 hat. Auch auf Diabetes Typ 1 hat Tocopherol sehr wahrscheinlich keinen direkten Einfluss, weil der Hauptverursacher dieser Autoimmunerkrankung meist in einer genetischen Disposition zu suchen ist.
Fazit: Vitamin E verzögert Sekundärschäden und mildert die Symptome bei Diabetes-Patienten
Ein großes Problem bei Diabetes-Patienten besteht in dem erhöhten Risiko für das Auftreten von Sekundärschäden, die Blutgefäße, Nerven und andere Organe wie Nieren und Augen betreffen können. Aus den Sekundärschäden können sich weitere Komplikationen wie Herzinfarkt und Schlaganfall entwickeln, wenn der Blutzucker nicht optimal kontrolliert und eingestellt wird. Auftreten und Fortschritt von Sekundärschäden ist unter anderem mit oxidativem Stress verbunden, der den Verbrauch an Vitamin E stark ansteigen lässt.
Es sind vor allem die antioxidativen und gerinnungshemmenden Eigenschaften von Vitamin E, die sich bei einer ausreichenden Supplementierung bei Diabetes-Patienten positiv auswirken. Hoch dosiertes Vitamin E sorgt für ein verzögertes Eintreten von Sekundärschäden. Bei bereits bestehenden Sekundärerkrankungen kann das Tocopherol die Symptome abmildern und es hilft bei der Vorbeugung gegen Herzinfarkt und Schlaganfall.
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